Eva Mahn: Fotografie
Katrin Busching: Szenografie
Vielleicht war es der Urtrieb des Sammelns, die Lust auf Schönheit oder die Liebe zu alter Kunst, die uns zusammengebracht haben. In der Leichtigkeit dieser Begegnung und aus dem Wunsch, die neuen Kimonos von Katrin, die sie aus indischen Sarees genäht hatte, in Szene zu setzen, sind farbintensive, poetisch theatrale, allegorische Portraits entstanden. Unter dem Einfluss fremder Kulturen und der europäischer Porträt- und Glasmalerei des 19. Jahrhunderts reizten uns Grenzüberschreitungen und die Möglichkeit, Elemente unterschiedlicher Tradition und Herkunft neu zu verbinden.
Es ist kein weiter Weg von der Malerei oder den Farbglasfenstern des 19. Jahrhunderts zur leuchtenden Farbigkeit von Monitorbildern und der kühlen Perfektion von „digital composings“. In einer von Globalisierung und Internet geprägten Welt oszillieren wir zwischen allen kulturellen Identitäten. Wir können nichts Neues erfinden ohne das Alte. Die Festplatten sind voll davon.
Bei aller Sinnlichkeit, Exotik und Skurrilität geht es bei den Porträts um eine Art „slow motion“, eine fast unauffällige Veränderung der Mimik von der Selbstvergessenheit zur Bewusstheit und Aktivität bis hin zur Aggressivität. Nichts, das wir nicht auch sein könnten, kein Gefühl, das nicht hervortreten könnte, wenn wir die großen Rollen unseres Lebens spielen.
Ihren Namen trägt die Bildserie zu Ehren von Sir Horace Walpole (1717-1797), 4. Earl of Oxford. Er war eine der schillerndsten Figuren des 18. Jahrhunderts in London. Als Mitglied der aufgeklärten britischen Oberschicht wurde er als junger Mann, wie zu Beginn des 18. Jahrhunderts üblich, auf eine Bildungsreise, die „Grand Tour“, durch Europa geschickt, um sich die Hörner abzustoßen. Aufgeladen mit Ideen und beladen mit Fundstücken kehrte Walpole nach London zurück. Er baute seinen Landsitz „Strawberry Hill“ 1749-1753 zu einem „Gothic Castle“ aus, das seine Sammlungsstücke aus aller Herren Länder beherbergen sollte. Sein Sommersitz steht exemplarisch für den spielerischen Umgang mit historischen und exotischen Vorbildern und die Hemmungslosigkeit, mit der Walpole Gesammeltes und Erlesenes in neue Zusammenhänge gestellt hat. In dieser Hinsicht fühlen wir uns mit ihm verbunden. Walpole hat damit schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine weltweite Bewegung, the Gothic Revival, die Neugotik auf den Weg gebracht.
Die Ausstellung Strawberry Hill ist Teil der großen Sonderausstellung Transformationserfahrungen – “Fotografinnen der DDR” im Görlitzer Fotomuseum.
Im Rahmen des Görlitzer Fotofestivals “Schauplätze” ist sie vom 09.07.-11.09.2016 in der Galerie des Fotomuseums 2 OG, Löbauer Straße 7, Di bis So von 12:00-18:00 Uhr für Besucher geöffnet.
Förderer der Ausstellungen sind die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, die Stadt Görlitz, u.a. .
EVA MAHN
Fotografin, Kunstwissenschaftlerin
Biografie
1947 geboren. 1965–1970 Studium der Kunstgeschichte und Kunsterziehung in Greifswald und Leipzig. 1970 bis 1995 als Kunstwissenschaftlerin an der Burg Giebichenstein – Hochschule für Kunst und Design Halle (HKD), tätig in Forschung, Lehre, Publizistik, als Kritikerin, Ausstellungskuratorin und Jurorin in den Bereichen Kunsthandwerk, Design, Fotografie und Architekturgeschichte des 19./20. Jahrhunderts. 1991 Promotion zur Glasmalerei im 19. Jahrhundert. 1992–1995 Leiterin der Sammlung für Kunst und Design der HKD.
1969–1977 nebenberuflich Model für die Modezeitschriften Sybille, Saison und Modische Maschen. 1974 bis 1975 Assistenz bei dem Werbe- und Modefotografen Günter Rössler in Leipzig. Seit 1978 Veröffentlichung von fotografischen Arbeiten in Ausstellungen, Zeitschriften, Katalogen und Bildbänden. 1995 endgültiger Wechsel zur Fotografie. 1995–2010 verantwortliche Lehrkraft für Fotografie im Fachbereich Kunst der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle.
1973–1990 Mitglied des Verbandes Bildender Künstler (VBK) der DDR, 1983–1990 auch Mitglied der neu gegründeten Arbeitsgruppe Fotografie im VBK. Seit 1996 Mitglied –, 1998 bis 2000 Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh), in dieser Funktion 2000 Koordinatorin von Tagung und Ausstellungsprogramm in Halle (Saale), „Ist die Photographie am Ende? Aktuelle Photo- und Medienkunst“, mit 19 Ausstellungsorten, veranstaltet von der DGPh und der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Galerie Moritzburg – Landeskunstmuseum Sachsen–Anhalt. Seit 1998 Mitglied–, 2001 bis 2010 Vizepräsidentin der Deutschen Fotografischen Akademie (DFA). Seit 2010 freiberuflich als Fotografin tätig.
KATRIN BUSCHING
Bühnen- und Kostümbildnerin, Modedesignerin
Biografie
Katrin Busching studierte Modedesign an der UdK Berlin und der Hochschule für Kunst und Design Halle. Dort erwarb sie im Jahr 2000 das Diplom als Designerin und bekam im selben Jahr ein Engagement als Ausstatterin und Produktionsleiterin bei der Expo 2000 im Deutschen Pavillon. Seither ist sie als Bühnen- und Kostümbildnerin für Oper und Schauspiel tätig. Einladungen zu Festivals im In- und Ausland folgten. Ein Arbeitsstipendium einer Kulturstiftung führte sie 2003 für längere Zeit nach Moskau. Die dort entstandenen Arbeiten wurden zum Internationalen Theaterforum »urban lab« im Bauhaus Dessau aufgeführt. Von 2002-2006 war sie Lehrbeauftragte im Masterstudiengang Bühnenbild der TU Berlin.
2007 gründete sie das Modelabel »nadelarbeit«. In den vergangenen Jahren bereiste sie mehrfach den Norden Indiens bis zur Pakistanischen Grenze. Die farbenprächtigen Stoffe ihrer neuen Kollektion stammen aus den kleinen Manufakturen Jodhpurs.