Letzte Gelegenheit, alle Ausstellungen zu sehen

Auf “Reise gehen” mit den Ausstellungen des diesjährigen Görlitzer Fotofestivals: in die Vergangenheit, die Gegenwart, in Phantasien und Gedankengänge.

Die geblümte Tapete, die gerahmten Poster alter Meister und Handarbeiten an den Wänden, die Schrankwand und die Dauerwelle: All das kennen Menschen, die in der DDR gelebt haben. Und all das ist verschwunden. Zum Glück, muss man sagen, wenn man in die Gesichter der Menschen auf den Familienporträts von Gerhard Weber schaut, auf ihre Trainingsanzüge und abgewetzten Pantoffeln, in die Atmosphäre schlecht geheizter Wohnungen. Der sorbische Fotograf Matthias Bulang hat auch Menschen in ihrem Umfeld fotografiert, aber nur sorbische Frauen, im Bewusstsein, dass es diese Generation von Sorbinnen, die meist auf dem Land gearbeitet haben und bis heute Tracht tragen, nicht mehr lange geben wird. Eindrucksvoll besonders, weil sich empfinden lässt, wie viel Lebensweisheit und oft auch Fröhlichkeit unter den Hauben und Kopftüchern der Sorbinnen steckt. Wahre Geschichten erzählen auch die Bilder des Fotografen Michael Dressel, der vor allem in Los Angeles immer wieder Situationen aufgenommen hat, in denen sehr arm und sehr reich aufeinandertreffen. Oft steht die Not Obdachloser, mittelloser alter Menschen, von Ausgrenzung und Einsamkeit Gezeichneter in krassem Kontrast zu den Versprechen von Plakatwerbung, Schaufensterauslagen edler Geschäfte oder dem Bild, das uns Hollywood immer wieder vorspiegelt. Sehr drastisch setzen Uwe Friesner und Mario Lotzin in der Ausstellung „!Macht Religion Liebe?“ ihre Kritik an den großen Religionen in Szene, die Nächstenliebe hochhalten, aber Sexualität oftmals streng reglementieren. So sind erotische, häufig sado-masochistische, oft auch erschreckende und manchmal fast unerträgliche Fotos entstanden, die Szenen aus der Bibel oder anderen religiösen Schriften auf Macht und Gewalt hin ausdeuten und damit einen Bezug zu immer noch vorherrschender Unterdrückung und Gewalt gegenüber Frauen und Homosexuellen herstellen.

Mit Flucht, Asyl und Verletzlichkeit beschäftigt sich Georg Krause in seinen intensiven Portraits. Abstrakt wird es in den Schwarz-Weiß-Fotografien von Aleksandra Dobrowolska und den Bildern von Sandra Bergemann, die in einer virtuellen Ausstellung präsentiert werden. Aus sieben Ländern stammen die 35 jungen Fotografen der Wanderausstellung „Nature in Frame“, und jeder hat sich auf seine Weise mit den Themen Natur, Verkehr, Umweltverschmutzung, Ernährung und Landwirtschaft beschäftigt, um in dieser Zusammenschau klarzumachen, dass die Bedrohung der Natur und der Erde die ganze Menschheit angeht. Der Verfall der Bausubstanz wird auf Werner Liebelts Fotografien von 1988 in “So endet Sozialismus” sichtbar. Ganz persönliche Interpretationen des diesjährigen Festivalthemas “Verschwinden” zeigen regionale Fotografen in der Ausstellung “Im Schaukasten”, die Gruppe anapix und die beiden Fotografen Claudia Huss und Pit Brauer.

In weiteren Ausstellungen wird Florales transformiert (Matthias Weber), zeigen die Görlitzer Fotofreunde “horizontal-vertikal”, die Künstlergruppe Görlitzer Sukzession “denkmalfrei” und Berliner Künstler “Licht in Bewegung”.

Weitere Infos zu den Ausstellungen, Orten und Öffnungszeiten:
https://fotofestival-goerlitz.eu/programm/ausstellungen/